Investmentsteuerreform 2018: Fondsbesteuerung ändert sich wieder

Keine 10 Jahre nach der letzten größeren Reform (Abgeltungsteuer ab 2009) reformiert der Gesetzgeber wieder im Kapitalbereich: ab 2018 ändert sich die steuerliche Behandlung von Investmentfonds.

Der Gesetzgeber kümmert sich intensiv um den Bereich der Kapitaleinkünfte. Seit 2009 gab es die Abgeltungsteuer und einige Änderungen im Investmentbereich, im Bereich internationaler Zusammenarbeit wurden Meldeverfahren eingeführt, um gegen "schwarzes Kapital" im Ausland zu wirken. Ab 1.1.2018 werden nun Investmentfonds deutlich geändert besteuert - es findet letztlich ein Systemwechsel statt.

Vorbemerkung: Abgeltungsteuer auf dem Prüfstand

Eine kleine Warnung vorweg: die Abgeltungsteuer ist seit Ende 2016 bereits auf dem Prüfstand. Es wird argumentiert, sie sei nicht mehr notwendig, nachdem die internationalen Auskunftsregeln zu Kapitalanlagen gelten. Auch alle größeren Parteien hatten in ihren Wahlprogrammen mehr oder weniger deutlich die Abschaffung der Abgeltungsteuer stehen. Je nach Laune des Gesetzgebers wird also demnächst die Steuererklärung wieder aufwändiger und möglicherweise wieder deutlich teurer. Denn wenn die Abgeltungsteuer abgeschafft/modifiziert wird ,so vermutlich nicht aus rein technischen Gründen, sondern um Kapitaleinkünfte höher zu besteuern!

Abkehr vom Transparenzprinzip: Fonds werden zusätzlich selbst besteuert

Auf den ersten Blick die wesentlichste Änderung ist die Abkehr vom sog. Transparenzprinzip. Bislang galt, dass Fonds (unter Einhaltung von Voraussetzungen, z.B. korrektes Reporting im Bundesanzeiger) selbst nicht steuerpflichtig in Deutschland waren, sie waren "transparent". Besteuert wurde nur jeweils der Anleger. Ab 1.1.2018 werden Fonds grundsätzlich selbst besteuert, ebenso wie die Anleger.

 

 

Überblick über Änderungen im Investmentsteuerrecht ab 1.1.2018

Im Überblick gibt es vor allem die folgenden Änderungen:

  • Ab 1.1.2018 wurde eine Steuer von 15% auf inländische Fonds-Erträge eingeführt.
  • Anleger werden eine Steuerfreistellung bekommen, so dass sich die Gesamtbelastung im besten Fall nicht ändert
  • Der Bestandsschutz für Veräußerungen von Altanteilen (Erwerb vor 1.1.2009) fällt weg. Ein persönlicher Freibetrag von 100.000 Euro fängt die Nachteile für alle "kleineren" Anleger ab.
  • Thesaurierende Fonds: durch eine Mindestbesteuerung wird der Anleger ggf. gezwungen, laufend cash für Steuerzahlungen vorzuleisten!

 

Bemessungsgrundlage der 15%-Besteuerung auf Fondsebene

Die Besteuerung erfolgt nur für deutsche Dividenden und Immobilienerträge (Verkauf und laufend), nicht für andere Erträge des Fonds. Betroffen sind dabei auch die inländischen Einkünfte von Fonds im Ausland.

 

Offene Immobilienfonds hatten bislang den Vorteil des steuerfreien Verkaufs nach Ablauf der Haltefrist von 10 Jahren nach dem Ankauf einer Immobilie - dies fällt künftig weg. Für Immobilien, die vor 1.1.2018 gekauft wurden und die nach Ablauf der (fiktiv angenommenen) 10-Jahresfrist veräußert werden, wird allerdings lediglich die Wertsteigerung ab 1.1.2018 steuerpflichtig.

 

Die aus der Einhaltung der 10-Jahres-Haltefrist folgende, bislang mögliche steuerfreie Ausschüttung wurde gestrichen.

 

Die 15% enthalten den Solidaritätszuschlag (Hintergrund: Bindung Deutschlands an Quellensteuerbeschränkungen in Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) von oft max. 15% insgesamt).

 

 

Auswirkungen beim Anleger

Ausschüttungen und Veräußerungsgewinne werden beim Anleger mit folgenden Quoten steuerfrei gestellt:

  • Aktienfonds: 30%
  • Mischfonds (z.B. Fonds mit Anleihenanteil): 15% (aber: Aktienquote des Fonds mindestens 25%)
  • offene Immobilienfonds: 60% (mit Schwerpunkt Ausland: 80%; Voraussetzung: mindestens 51% Auslandsvermögen)

Das Thema "Zwischengewinne" wird hinfällig, diese existieren nicht mehr.

 

 

Neuer Spezialfall: Mindestbesteuerung bei (teil-)thesaurierenden Fonds: "Vorabpauschale"

Im einfachsten Fall schüttet ein Fonds seine Erträge voll aus. Dann werden zunächst auf Fondsebene (100% inländische Aktienerträge angenommen) 15% einbehalten. Auf Anlegerebene werden dann 30% steuerfrei gestellt (= Aktienfonds), die restlichen 70% mit der Abgeltungsteuer belastet. Es findet eine Vollbesteuerung statt.

 

Schüttet ein Fonds keine Erträge aus oder nur teilweise (thesaurierender Fonds), so würde auf Anlegerebene an sich keine Besteuerung stattfinden (nur Fondsebene). Der Gesetzgeber will jedoch hier eine Mindestbesteuerung sichern. Daher hat er die sog. Vorabpauschale eingeführt, die in einem recht komplizierten Berechnungsmodus als Minimum eine Besteuerung auf Grundlage eines Basisertrags (berechnet aus dem Basiszinssatz für langfristige Rendite öffentlicher Anleihen) sicherstellt:

 

Vereinfachte Darstellung:

1. Basisertrag = Basiszinssatz x Rücknahmepreis des Fondsanteils (zum 1.1. des Vorjahres) x 70%

2. Tatsächlich erfolgte Ausschüttung, ggf. 0 Euro

 

Technisch wird dann der Basisertrag (1) mit der tatsächlichen Ausschüttung (2) verglichen:

  • Ist die Ausschüttung höher, entfällt die Mindest-Besteuerung, da der Basisertrag sozusagen in der Ausschüttung enthalten ist.
  • Ist der Basisertrag höher (z.B. weil der Fonds voll thesauriert), wird faktisch dann der Basisertrag versteuert:
    • Die (geringere) Ausschüttung wird als Ausschüttung besteuert (s.o., ggf. 0 Euro, wenn gar keine Ausschüttung erfolgt)
    • Der Unterschiedsbetrag Basisertrag-Ausschüttung wird als "Vorabpauschale" zusätzlich besteuert.

Daraus ergibt sich zugleich, dass die Vorabpauschale nicht negativ sein kann. Es kann also nicht (wie bisher mit Zwischengewinnen) ein Vorteil entstehen.

 

Anrechnung Vorabpauschale bei Besteuerung der Veräußerung eines Fondsanteils

Diese Mindestbesteuerung ändert jedoch nichts am Fondspreis, den ein Anleger bei Veräußerung seiner Anteile erhält. Zum Veräußerungszeitpunkt erhält er Geld auch für die thesaurierten (und im Fondsvermögen weiter enthaltenen) Erträge. Im Rahmen der Veräußerungsgewinnbesteuerung wird daher folgerichtig die gezahlte Vorabpauschale abgezogen, da diese bereits vorversteuert wurde. Ansonsten käme es zu einer Doppelbesteuerung.

 

Anmerkung: die bereits besteuerten tatsächlichen Ausschüttungen sind bei Veräußerung nicht mehr im Fondsvermögen und sind daher (wie bisher) technisch nicht im Veräußerungsgewinn enthalten.

 

Hinweis: Unterlagenarchivierung ab Fondskauf wird ab 2018 besonders wichtig, dass diese Berechnungen nachvollzogen werden können!

 

 

Kurze Antworten auf mögliche Fragen (FAQ)

Nachfolgend einige kurze Hinweise, die wir für Sie ausgewählt haben:

  • Betroffen sind deutsche Publikumsfonds (Investmentfonds), keine geschlossenen Fondsstrukturen.
  • Die geplante Steuerfreistellung kann bei einem (deutschen) Anleger, der keine Einkommensteuer zahlt, ins Leere gehen. Die Gesamtsteuerbelastung steigt dann ab 2018 an.
  • Wegen des Freibetrags von 100.000 Euro ist in "kleineren" Fällen kein Verkauf noch in 2017 notwendig.
  • Es gilt wie bisher die Abgeltungsteuer (25% plus Soli), aber siehe oben zur möglichen Abschaffung!
  • Der Sparer-Pauschbetrag bleibt unverändert (801 Euro bzw. 1.602 Euro bei Zusammenveranlagung).
  • Wichtig bei thesaurierenden Fonds: die neue Mindestbesteuerung ("Vorabpauschale") führt zu Steuerlasten, die vom Anleger in cash bei der Bank ("depotführende Stelle") zu zahlen sind! Die Bank kann auch einen Kontokorrent-/Wertpapierkredit heranziehen, wenn kein Guthaben auf dem Depot-Girokonto vorhanden ist - es können Zinsen entstehen, die erst spät bemerkt werden!
  • Die Vorabpauschale ist technisch ein Ertrag, der unter den Sparer-Pauschbetrag fällt. Solange der Sparer-Pauschbetrag reicht, wird die Bank keine Zahlungen abbuchen. Der Sparer-Pauschbetrag wird natürlich dadurch ggf. schneller aufgebraucht, als gedacht.

 

Fazit / Kommentar

Auf den ersten Blick sieht die Investmentsteuerreform nach einer Revolution in der Fondsbesteuerung aus, da der Gesetzgeber das Transparenzprinzip kippt. Bei genauerem Hinsehen wurde mit Augenmaß gekippt, aber unseres Erachtens steigt der Druck auf Fonds, sich selbst steuerlich zu strukturieren und in der Asset Allocation die deutschen steuerlichen Folgewirkungen zu beachten. Wir meinen, dass diese im Management zu erhöhten Kosten führen wird. Dauerhaft könnten die Anleger davon profitieren, dass eventuell eine Entzerrung stattfindet. Gewinner dieser Reform werden unserer Meinung nach ausländische thesaurierende ETFs sein, da diese überschaubarer besteuert werden als bisher.

 

Der aus der Vorab-Besteuerung von thesaurierenden Fonds resultierende Zwang für den Anleger, auf sein Investment nochmals cash für die "virtuelle" Steuerlast nachzuzahlen, sollte genau geprüft werden, da hier je nach Anlagehöhe deutlich spürbare Beträge entstehen.

 

Unterlagenarchivierung ab Kaufdatum des Fonds wird ab 2018 besonders wichtig, da die Vorab-Besteuerung bei einem Verkauf angerechnet wird!

 

Rückfragen zum Thema gerne an: Harald Zankl

 

 

Weiterführende Links / Quellen